Deutsche Post in China
German Post Office in Shanghai
Bei einem Spaziergang durch die quirligen Straßen von Shanghai lassen sie sich entdecken: Die Hinterlassenschaften aus der deutschen Besatzungszeit in China. Aus dem 19. Jahrhundert stammende Gebäude, welche, jedes für sich, eine Geschichte zu erzählen haben.
Begonnen hat das deutsche Intermezzo in Ostasien im Jahr 1861. China und Preußen einigten sich auf einen Handelsvertrag. Darüber hinaus schloss man am 6. März 1898 mit der chinesischen Regierung einen über 99 Jahre laufenden Pachtvertrag über das Gebiet der Kiautschou-Bucht ab.
Die deutschen Besatzer errichteten binnen kurzer Zeit eine Musterkolonie mit Schulen, Krankenhäusern, Hotels, Brauereien und vielem mehr. Eisenbahnlinien und Telegrafenleitungen wurden gebaut, Bergwerke erkundet und errichtet. Aus dem ehemaligen verschlafenen Fischerdorf Tsingtau wurde eine moderne Stadt.
Dieser Wandel brachte es mit sich, dass immer mehr Deutsche in das fernöstliche Land aufbrachen. Ob Kaufleute, Arbeiter, Soldaten oder Beamte – die Zahl der Deutschen, die sich in China niederließen, stieg stetig an. Auch die Handelsbeziehungen gewannen zunehmend an Bedeutung. Die Reichspost erkannte schnell die Notwendigkeit der Errichtung einer Postagentur und zeigte rasch Präsenz. Sie eröffnete in Shanghai im Jahr 1886 die erste deutsche Postagentur in China. Ihr folgten im Laufe der Jahre weitere Posthilfsstellen und Postagenturen im gesamten deutschen Pachtgebiet Kiautschau. Ende 1896 wurde die deutsche Postagentur in Shanghai zum Vollpostamt und später dann zur Kaiserlich Deutschen Postdirektion. Sie war zuständig für den gesamten chinesischen Raum und die deutsche Schutzzone Kiautschau.
Von 1886 bis 1901 fanden in China die Briefmarken des Deutschen Reiches Verwendung. Abgestempelt wurden die Marken mit dem Aufdruck „Kaiserlich Deutsche Postagentur Shanghai“. Im Laufe der Jahre erhielten die in China erhältlichen deutschen Briefmarken dann den diagonalen Aufdruck „China“. Später gab es sogar eigene Kolonialbriefmarken.
Die Reichspost-Dampferlinie transportierte im 14-tägigen Rhythmus alle Postgüter zwischen Deutschland und Ostasien hin und her. Das „German Post Office“ in Shanghai wurde zum Dreh- und Angelpunkt für alle Postsendungen von und nach China.
Untergebracht war es in einem von Heinrich Becker im Neo-Renaissance-Stil erbauten Gebäude. In der großen Schalterhalle fand sich Platz für 100 Personen.
Das Gebäude beherbergte neben dem eigentlichen Postamt auch Wohnungen für die Bediensteten. Nicht nur dem deutschen Postdirektor und den übrigen deutschen Postbeamten bot das Haus eine Bleibe. Auch die chinesischen Postangestellten wohnten teilweise direkt im Gebäude – und zwar unter dem Dach.
Geleitet wurden alle deutschen Postämter in China von deutschen Fachbeamten. Chinesen wurden als Hilfsbeamte eingesetzt. So waren bei Kriegsausbruch im Jahr 1914 im mittleren und einfachen Postdienst 142 Chinesen bei der deutschen Post beschäftigt. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs endete die deutsche Kolonialgeschichte in China und somit endeten auch die Aktivitäten der deutschen Postagentur in Shanghai. Der Versailler Vertrag legte fest, dass Deutschland das Kiautschau-Gebiet mitsamt seinen Bauten und Infrastruktureinrichtungen an Japan abzutreten hatte. Doch auch heute lassen sich die Spuren der Deutschen in Shanghai noch erkennen. Das „German Post Office“ bietet hierfür ein gutes Beispiel.